Meine schöne alte Pillendose


 

Bei Aufräumarbeiten auf dem Dachboden  kam nach vielen Jahren meine schöne alte Pillendose wieder ans Tageslicht.

 

Ich hatte sie schon völlig vergessen und nun,  im Januar 2017, wieder in der Hand. Sie lag in einer alten Metallschachtel,  die ich in meiner Kindheit als „Schatzkiste“ auserkoren hatte und dort so einiges aufbewahrte, was mir unwiederbringlich und sehr wertvoll erschien.

 

Nach dem öffnen der Schachtel fand ich eine Häkelnadel für Laufmaschen in Seidenstrümpfen. Sie war besonders wichtig, denn in den 50er und 60er Jahren waren Seidenstrümpfe noch sehr teuer und man versuchte die Laufmaschen mit diversen Hilfsmitteln wie Uhu-Alleskleber und Nagellack an den Stellen zu stoppen, an denen man die Laufmasche noch nicht sah. War sie natürlich weiter unten, kamen diese Hilfsmittel nicht mehr infrage und eine Häkelnadel half in diesem Fall.

 

Ich fand noch ein Badethermometer in Form eines Fisches. Damals gefiel es mir so, dass ich beschloss, es aus dem Verkehr zu ziehen, um es in meiner Schatzkiste zu deponieren.

 

Ach ja, und da waren auch noch meine Spangen mit Blümchen drauf, die einst meine Zöpfe zierten. Ebenso befanden sich auch dort meine Glasmurmeln, mit denen wir damals auf der Allee knickerten.

 

Neben einigen anderen Dingen war da auch noch meine alte Pillendose.

 

Ich weis noch als ich 10 Jahre alt war und sie in einer Apotheke geschenkt bekam. Damals gab es noch kleine Geschenke in den Apotheken wenn man ein Rezept einlöste. So ein Geschenk war sie.

 

Als Kind freut man sich über jedes kleine Geschenk. Von nun an schleppte ich sie in meiner  Anoraktasche ständig mit mir herum. Natürlich musste der Anorak ja auch mal gewaschen werden. Dazu leerte meine Mutter die Taschen. 1964 gab es noch  richtige Waschküchen und Große-Wäsche-Tage.

 

Meine Mutter vergas meine Pillendose in der Waschküche. Wir wohnten zu der Zeit in einem 6 Parteien-Haus und andere Nachbarn hatten nach uns ihren Waschtag.

 

Als ich merkte, dass sie nicht mehr da war, war es schon zu spät. Irgendjemand der anderen Kinder hatte sie nun.

 

Ich war sehr traurig über den Verlust, denn sie war mir doch sehr ans Herz gewachsen. So verging eine ganze Zeit und ich hatte mich schon damit abgefunden, dass ich sie nie wieder sehen würde, bis ich eines Tages den Müll hinunterbringen musste, die Mülltonne öffnete, und siehe da, da lag meine schöne Pillendose oben auf. Meine Freude war groß und ich beschloss sie in meine Schatzkiste zu tun, damit sie nicht wieder verloren ginge.

 

Soweit so gut, so lag sie nun in der Kiste, unbeachtet von mir und fast schon vergessen.

 

1972  zog ich in meine eigene Wohnung und meine Schatzkiste kam in einen Umzugskarton, der dann dort im Keller landete. Tja und alles was im Keller landet, ist zwar noch da, wird aber nicht mehr gebraucht.

 

Eines Tages durchforstete ich den Umzugskarton und entsorgte den Inhalt samt Karton, bis auf meine Schatzkiste, in der sich die Pillendose befand.

 

Zu der Zeit verzierte man seinen Schreibtisch mit allerlei Schnick-Schnack,  zu dem die alte Pillendose wunderbar passte.

 

In meinen 47 Berufsjahren mit mehreren Umzügen hat mich meine Pillendose stets begleitet, bis ich dann in Altersteilzeit ging und meine persönlichen Sachen in einem Umzugskarton mit nach Hause nahm und ihn auf dem Dachboden deponierte.

 

Und nun sind wir wieder am Anfang der Geschichte. Als ich die Pillendose in der Hand hielt, kamen mir all die Erinnerungen in den Sinn, Ich betrachtete das Motiv vorn auf der Dose, das ein Geschwisterpärchen zeigte. Mir gefiel dieses Motiv und ich beschloss es mit Air-Brush zu Papier zu bringen.

 

Nun muss ich noch erwähnen, dass diese Dose ihren eigentlichen Zweck nie erfüllte.

 

Natürlich bekommt meine Pillendose einen Ehrenplatz im Regal. Letztendlich hat sie all die Zeit überdauert und ich gebe auch in Zukunft gut acht auf sie.

 

Unna, den 19. Februar 2017

 

 

Verfasser: Mary de West